Markenbotschafter im Employer Branding: Sichtbar als attraktive Arbeitgebermarke
Die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können die besten Botschafter für ein Unternehmen sein, gerade wenn es um das Thema Personalsuche geht. Aber auch für die interne Mitarbeiterbindung spielen sie eine entscheidende Rolle; und diese wiederum hat viel mit der Unternehmenskultur insgesamt zu tun. Worauf kommt es an, wenn Corporate Influencer auf die Arbeitgebermarke einzahlen sollen? In diesem Beitrag finden Sie Hintergrund, praktische Tipps und gute Beispiele.
Inhaltsverzeichnis
Über sichtbare Unternehmensvertreter, die sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren, ist es gerade in Deutschland deutlich leichter, sich als attraktive Arbeitgebermarke zu profilieren als nur mit gesichtslosen Markenauftritten. Zudem stellen persönliche Beziehungen einen besonders wirkungsvollen Weg dar, von potentiellen neuen Mitarbeitenden zu erfahren und diese anzusprechen. Auch im Employer Branding spielen daher Markenbotschafterstrategien – ohnehin derzeit eines der bestimmenden Kommunikationsthemen – eine zunehmend große Rolle.
Innensicht vor Außensicht
Oft richtet sich der Blick in diesem Zusammenhang vor allem darauf Fachkräfte zu gewinnen. Doch mindestens ebenso bedeutsam ist der Aspekt der Mitarbeiterbindung und auch der Mitarbeiterzufriedenheit. Denn zum einen steigt die Bindung des einzelnen Mitarbeitenden an das Unternehmen sowie seine Bereitschaft, sich zu engagieren und gute Arbeit abzuliefern, in dem Maße, in dem er oder sie öffentlich beziehungsweise in Netzwerken für die Firma spricht. Zum anderen übernehmen Corporate Influencer als Meinungsbildner in die bestehende Belegschaft hinein eine Vorbildfunktion.
Markenbotschafter/Corporate Influencer: Begriffsklärung
Was ist ein Corporate Influencer, was ein Markenbotschafter – und was hat das mit dem Influencer-Marketing zu tun? Die Begriffe tragen ein Verwechslungspotential in sich. Denn mit dem Influencer als Werbegesicht, der seine Reichweite an verschiedene Unternehmen vermietet, haben die Mitarbeiter-Influencer zunächst einmal wenig zu tun. Doch auch extern eingekaufte Werbegesichter, etwa Prominente, und selbst freiberufliche Promoter werden häufig als Markenbotschafter bezeichnet. In diesem Beitrag sind jedoch Markenbotschafter/Corporate Influencer aus dem Unternehmen gemeint.
Ein Markenbotschafter oder Corporate Influencer ist eine Person, ein wiedererkennbares Gesicht, das für ein Unternehmen steht und dessen Werte und Botschaften nach außen vertritt – in physischen Begegnungen, aber auch in den digitalen Medien, bei Facebook, Instagram oder etwa in einem Corporate Blog. Ich verwende die beiden Begriffe synonym und wechsle sie daher ab.
Markenbotschafter: Wo liegt die Strategieführung?
Eine Frage, die häufig gar nicht thematisiert wird, wenn pauschal über „Corporate Influencer“ gesprochen wird: Welche Bereiche beziehungsweise Disziplinen im Unternehmen sind denn überhaupt betroffen oder werden berührt?
Daraus ergeben sich als Folgefragen: Ist es ein Kommunikationsthema, oder sollte man es in der Personalabteilung ansiedeln? Geht es um Marketing oder um Public Relations, um Online-Marketing, um Werbung, um das Employer Branding – oder um mehrere Bereiche zusammen? Wird die Markenbotschafterstrategie als Teil der unternehmenseigenen Social-Media-Strategie angesehen und entsprechend geführt? Auf welche strategischen und welche Kommunikationsziele zahlen die Markenbotschafter, direkt oder indirekt, ein, und in welcher Form tun sie dies? Und, nicht zu vergessen: Welche eigenen Ziele verfolgen sie als jeweils eigenständige Personenmarken?
Nicht zu trennen: Markenimage und Arbeitgebermarke
Dem Einsatz von Markenbotschaftern in Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung wird häufig eine Sonderrolle zugewiesen. Tatsächlich gibt es viele verschiedene Formen der Markenbotschafterstrategien, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Auch wenn die Personalabteilung in diesem Thema führt und die Strategie vor allem auf der Mitarbeitergewinnung zu Gute kommen soll, geht es um Kommunikation und Markenbildung, eben um Employer Branding.
Die sichtbaren Betriebsangehörigen machen das Unternehmen mit ihren authentischen Aussagen attraktiv als Arbeitgebermarke. Alles, was sie sagen und was von anderen wahrgenommen wird, fällt auf das Markenimage zurück. Umgekehrt zahlen jedes Marketing, jede PR für ein Unternehmen auf die Attraktivität als Arbeitgeber ein. Eine isolierte Betrachtungsweise ist deshalb weder sinnvoll noch überhaupt möglich.
Wie jeder Bereich in Kommunikation und Markenbildung unterliegt das Employer Branding eigenen Gesetzmäßigkeiten und beinhaltet spezielle Anforderungen. Insofern stellt es nicht mehr und nicht weniger einen Sonderfall dar als jeder andere spezifische Schwerpunkt innerhalb einer Markenbotschafterstrategie. Es gilt immer, möglichst konkret die Ziele, die Beteiligten, die Medien sowie alle weiteren Parameter festzulegen.
Mitarbeitende aus Human Resources als Vorbilder im Unternehmen
Ein meinungsstarker, gut sichtbarer Markenbotschafter zieht potentielle Bewerber an und übernimmt zugleich eine entscheidende Vorbildfunktion im Unternehmen. Gerade im Employer Branding wirken die Verantwortlichen in der Personalabteilung, im Bereich Human Resources und deren Mitarbeitende in den verschiedenen Funktionen ganz entscheidend am Markenbild mit. Ihr Verhalten in Mitarbeitergesprächen respektive gegenüber Bewerbern wirkt sich nach innen und nach außen aus:
- Es beeinflusst beispielsweise die Bewertung auf einer Arbeitgeberplattform wie kununu.
- Sie treten auf Veranstaltungen wie beispielsweise Jobmessen auf.
- Sie sind im Bewerbungsbereich der Unternehmenswebsite als Ansprechpartner zu sehen.
- Sind sie in digitalen Medien gut vernetzt und ansprechbar, hilft auch dies bei der Fachkräftegewinnung.
Bezieht sich das Markenbotschafterprogramm auf das Employer Branding, sind sie natürlich besonders stark eingebunden. Sind weitere Mitarbeitende an diesem Programm beteiligt, kommt den Verantwortlichen und Fachleuten in HR zudem eine wichtige Rolle in deren Schulung und Unterstützung zu.
Wie berechtigt sind Ängste und Bedenken?
Wenn es um Bedenken gegenüber dem Einsatz sichtbarer Markenbotschafter geht, hört man häufig die Befürchtung, dass die Betreffenden eben auch für potentielle andere Arbeitgeber besser erreichbar seien. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass ein engagierter Markenbotschafter das Unternehmen verlässt, sinkt in dem Maße, in dem er sich mit dem Unternehmen positiv identifiziert. Will jemand dennoch wechseln, wird man sie oder ihn ohnehin nicht aufhalten können.
Während erfahrungsgemäß die Zufriedenheit von Mitarbeitenden, die sich als Corporate Influencer engagieren, mit dieser Aktivität oft noch weiter verstärkt, wird sich umgekehrt niemand in dieser Weise einbringen, der mit dem Arbeitsplatz nicht zufrieden ist. Daher spielt die Mitarbeiter-Zufriedenheit eine große Rolle bei der Markenbotschafterstrategie. Ist sie nicht sehr ausgeprägt, gibt es zunächst noch eine Menge anderer Baustellen. Denn auch unzufriedene Mitarbeiter sind Markenbotschafter mit Auswirkungen auf das Image, sobald sie als Unternehmensangehörige erkennbar sind.
Corporate Influencer im Employer Branding: Best Practice
So wie es viele verschiedene Formen der Arbeit mit Corporate Influencern gibt, so kann man ebenfalls die betreffenden Strategien im Bereich Employer Branding nochmals differenzieren. Dies bezieht sich sowohl auf die Zielsetzung wie auch auf die Ausprägung.
Otto
Die Jobbotschafter von Otto sind ein Beispiel dafür, dass sich eine Corporate-Influencer-Strategie ausschließlich auf das Employer Branding fokussieren kann. Hauptziel ist es hier, neue Fachkräfte zu gewinnen, wie Eugenia Mönning, Pressesprecherin HR bei Otto, im Interview mit mir betont:
„Unsere Botschafter arbeiten eng mit dem Personalmarketing und dem Recruiting zusammen, weil wir mit dem Programm vor allem das Ziel verfolgen, unsere offenen Stellen schneller mit den geeigneten Talenten zu besetzen.“
Dabei arbeitet OTTO mit verschiedenen Rollen oder Profilen. Eugenia Mönning:
„Das Besondere: Unsere Kolleg*innen können sich für eines oder mehrere der sechs Profile anmelden und erhalten maßgeschneiderte Trainings für das jeweilige Modul. Damit tragen sie aktiv dazu bei, wer bald der oder die neue Kolleg*in sein könnte.“
Die Grundzüge des Programms inklusive der verschiedenen Rollenprofile sind in dieser öffentlich abrufbaren Präsentation von Nicole Heinrich dargestellt (PDF).
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fme AG
Ein weiteres sehr schönes Beispiel für eine ausgeprägte Markenbotschafter-Kultur findet man bei dem IT-Dienstleister fme AG aus Braunschweig . Dazu gehören gemeinsame Werte, die für alle Mitarbeitenden verbindlich sind.
Im Mittelpunkt der Selbstdarstellung des Unternehmens stehen deshalb nicht so sehr dessen Leistungen, sondern vielmehr die Unternehmenskultur und die Mitarbeitenden. Es gibt ein umfangreiches Onboarding-Programm. Regelmäßig erscheint ein „Culture Book“: Dieses stärkt zum einen das Employer Branding, sowohl in der Mitarbeitergewinnung als auch Onboarding und Mitarbeiterbindung. Es soll zum anderen Kunden anhand von authentischen Markengesichtern das Unternehmen näherbringen.
„Als Teil des Willkommenspaketes haben wir deshalb gemeinsam für unsere neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses kleine Buch geschrieben. Unsere Kultur ist das, was jeder einzelne darüber denkt, was sie von anderen Unternehmen unterscheidet, was jeder daran mag und was uns sonst so zu dem Thema eingefallen ist. In Form von Fotos, Zitaten und Geschichten, die das Thema fme-Kultur für uns beschreiben, haben wir JEDEN Beitrag in das Buch aufgenommen. Es wurden nur die Tippfehler korrigiert, der Rest blieb, wie er war und wurde mit einer Übersetzung ins Englische in das Buch aufgenommen. Das fme Culture Book wird an alle neuen und derzeitigen Mitarbeiter, aber auch an potentielle Bewerber verteilt, um Ihnen dabei zu helfen zu beurteilen, ob sie und fme zusammenpassen. Wir nutzen das Culture Book ebenfalls dazu, um unseren Kunden zu zeigen, was fme so besonders und einzigartig macht.“ (Quelle)
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Öffentlicher Dienst am Beispiel Polizei
Auch Behörden haben Markenbotschafter, und einige von ihnen sind sogar zugleich Social-Media-Influencer. Das Employer Branding spielt gerade im öffentlichen Dienst eine besonders große Rolle, denn Fachkräftegewinnung ist hier meistens wichtiger als bestimmte Umsatzziele zu erreichen. Michelle Uhrig, Leistungssportlerin und Polizeimeisterin, habe ich für mein Buch interviewt. Sie berichtet, dass ihr Vorbild viele junge Menschen inspiriert, sich ebenfalls für eine Karriere bei der Polizei zu interessieren:
„Ich bekomme fast täglich Anfragen, wie man sich am besten bewerben soll und wie ich das Auswahlverfahren bestanden habe, ob ich Tipps habe. Mich freut es, dass ich junge Leute dadurch motivieren kann, zur Polizei zu gehen.“
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