Jeder Corporate Influencer weiß mehr als ich
Wie bitte? Ja, genau: Mein Gegenüber hat schon (fast) alles Wissen für die eigene Strategie, ich weiß erst einmal gar nichts. Erst mit dieser Grundannahme kann die persönliche Beratung im Corporate-Influencer-Projekt überhaupt gelingen. Was ist zu bedenken, welche Fehler lassen sich vermeiden, und wie geht man am besten vor?
Inhaltsverzeichnis
Wie mache ich von Anfang an alles richtig? Mit welchen Postings habe ich den größten Erfolg? Wie erreiche ich garantiert hohe Sichtbarkeit und positive Resonanz? – Typische Fragen aus einem Corporate-Influencer-Coaching. Der oder die Betreffende erwartet Geheimtipps und konkrete Rezepte, ehe überhaupt eine eigene Strategie erarbeitet ist. Nur keine Fehler machen! Nur jeden überflüssigen Umweg vermeiden! Nur nicht nutzlos Zeit und Aufwand investieren, wenn man doch auf erprobte Lösungen zurückgreifen kann, die bereits anderen Menschen den ersehnten Erfolg gebracht haben.
So als gäbe es eine Art heiligen Gral des Personal Brandings, der den großen Durchbruch verspricht. Das ist verständlich, aber nicht zielführend. Ist man gar als Beraterin davon überzeugt, für das Gegenüber schon die beste Lösung zu wissen, tappt man gemeinsam in die Falle.
Der heilige Gral des Personal Brandings?
Auf der Fehlannahme, es gäbe die eine besonders erfolgversprechende Vorgehensweise, beruhen offensichtlich auch viele Ratgeberbeiträge und Tipp-Listen. Viele gehen augenscheinlich sogar davon aus, dass alle Menschen die gleiche Verwirklichung als erfolgreiche Personenmarke herbeisehnen.
Riesenapplaus, Interviewanfragen, ein Netzwerk mit möglichst vielen prominenten Branchenvertretern, möglichst bald selbst ein gefeierter Influencer sein: Dieses scheinbare Idealbild taucht so häufig in den sozialen Netzwerken auf, dass viele Menschen es wiederholen, als wahr betrachten, weiterverbreiten und sogar andere dahingehend beraten. Ohne auch nur einmal zu fragen, was diese denn eigentlich wirklich wollen.
Ziele und Träume anderer Leute
Dabei haben doch gar nicht alle Menschen die gleichen Ziele, auch nicht alle in einem Projekt, in einem Unternehmen oder in einer Branche. Es möchte auch gar nicht jede und jeder ein großer Influencer werden. Aber die meisten beruflich klar ausgerichteten Menschen sind reflektiert genug zu wissen, wo sie hinwollen.
Und wenn sie es noch nicht genau für sich herausgearbeitet haben, dann kann man ihnen dabei helfen, es herauszufinden. Aber nicht mit Rat und Rezepten, die auf den Zielen und Träumen anderer Leute basieren.
Die wichtigste Grundannahme
Meine Arbeitshypothese in der Beratung einzelner Corporate Influencer, auch im Executive Coaching: Mein Gegenüber weiß alles, ich weiß erst einmal gar nichts. Meine Aufgabe ist es, die richtigen Fragen zu stellen. Zuzuhören. Einen Raum zu öffnen, in dem die Beratenen sich selbst genau zuhören. Um überhaupt erst einmal herauszufinden, wo die Reise hingeht. So helfe ich meinem Gegenüber, nach und nach herauszuarbeiten, wie seine oder ihre sinnvolle Vorgehensweise aussieht.
Natürlich gibt es bestimmte Grundregeln in der (digitalen) Kommunikation. Jedes soziale Netzwerk hat bestimmte Gesetzmäßigkeiten, die für alle gelten und die man kennen muss, sowie Funktionen, in denen es gilt up to date zu bleiben. Diese zu kennen und zu vermitteln ist auch Aufgabe der Beratenden und Begleitenden im Projekt – aber eben an der richtigen Stelle, genau dann und dort, wenn und wo das Gegenüber sie braucht. In der Form, Ausführlichkeit und Detailtiefe, in der die Betreffenden sie am besten verarbeiten können.
Was helfen kann – und was eher nicht
Ab einem gewissen Punkt – und sorgfältig ausgewählt – helfen natürlich Vorschläge, Ideen und Best Practice. Konkretes Feedback ist ein wesentlicher Bestandteil der individuellen Beratung. Mindestens ebenso wertvoll, auf Dauer sogar viel wichtiger ist aber der Austausch in der Peergroup der Corporate Influencer.
Es ist schon klar, dass ein allgemeiner Ratgeberbeitrag ebenso wie eine Liste mit Tipps und Tools, obgleich sie all dies nicht leisten, dennoch hilfreich sein können. Meiner Ansicht nach aber nur solange, wie eben nicht suggeriert wird, dass alle und jeder die gleichen Erfolgskriterien als die jeweils eigenen betrachten.
Zugleich gilt es anzuerkennen und sich immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass jede persönliche Kommunikationsstrategie selbst bei noch so guter Ausrichtung und mit noch so treffenden Fragen, nicht am Reißbrett entworfen werden kann. Sie entwickelt sich weiter. Sie braucht Irrtümer, Fehler und Erfahrungen ebenso wie Erfolge und kleine Erleuchtungen.
Nur so gelingt es, mehr von dem zu tun, was gut funktioniert, und weniger von dem, was nicht gut funktioniert – aber eben immer bezogen auf das jeweilige Individuum und sein ganz persönliches Netzwerk.
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