Wie man CEOs langfristig und nachhaltig als Markenbotschafter aufbaut
Viele Unternehmen, gerade im B2B-Bereich, verzichten immer noch auf das aktiv geförderte Potential der glaubwürdigen Markenbotschafter. Bedenken und Zögern vor dem Start einer Corporate-Influencer-Strategie sind prinzipiell verständlich und sogar gesund. Aber in vielen Firmen herrschen nach wie vor erstaunliche Defizite in Bewusstsein und Umsetzung, gerade was die Sichtbarkeit der eigenen Protagonisten angeht. Dabei ist ein*e digital gut sichtbarer CEO das beste Vorbild für sichtbare Mitarbeitende, die sich ihrer Rolle bewusst sind. Wie gelingt es, die Unternehmensleitung als Corporate Influencer aufzubauen?
Inhaltsverzeichnis
Herausragende Persönlichkeiten im Unternehmen: Besonderheiten
CEO-Blogger und Social CEOs sind in Deutschland nach wie vor eine Seltenheit, auch wenn sich diese Tatsache langsam ändert. Doch auch wenn im Prinzip alle Mitarbeitenden auf das Markenbild einzahlen, sobald sie als Unternehmensangehörige wahrgenommen werden: Wenn Köpfe aus der Unternehmensleitung gezielt in ihrer Rolle als Corporate Influencer unterstützt werden sollen, sind einige Besonderheiten zu bedenken. Gerade in größeren Unternehmen erfordert dies eine sehr umfassende Kommunikationssstrategie um die Personenmarke herum. Auch ist zu überlegen: Soll zum Start der oder die CEO die alleinige oder herausragende Protagonistenrolle in allen Medien übernehmen, oder eignen sich andere sichtbare Köpfe ebenso oder sogar noch besser.
Womöglich ist auch allein aus Zeitgründen beim Bespielen persönlicher Profile operative Unterstützung erforderlich. Die persönliche Kommunikationsstrategie sollte auf jeden Fall mit der Kommunikationsabteilung abgestimmt sein. Der oder die Betreffende muss sich über die unternehmerische Ausrichtung hinaus Gedanken zur eigenen Personenmarke machen. Denn was er oder sie sagt, wird viel stärker als offizielle Unternehmensbotschaft verstanden als Äußerungen von Menschen aus anderen Unternehmensebenen. In jedem Fall brauchen Führungspersönlichkeiten zumindest zum Einstieg eine qualifizierte Einzelbegleitung, entweder aus dem eigenen Kommunikationsteam oder/und durch einen externen Coach.
Persönliche Stärken nutzen und gezielt ergänzen
„Social Media müssen der Chefin oder dem Chef persönlich liegen“: Solchen Luxus kann man sich in diesen digitalen Zeiten eigentlich nicht mehr leisten. Präsenz und eine gewisse Vorreiterrolle in eigenen Medien und auf fremden Plattformen sind für Unternehmen, die auf Dauer weiter mitspielen wollen, unerlässlich. Digitaler Wandel im Unternehmen muss von der Spitze aus starten und mitgetragen werden. Menschen erwarten heute, anders als früher, direkte Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit von Entscheiderinnen und Entscheidern, gleich ob in der Politik oder in Unternehmen.
Es muss also nicht jede*r CEO selbst twittern oder bloggen. Doch wenn die Entscheidung gefallen ist, den Geschäftsführer oder die Vorständin als herausragendes Markengesicht auch in der digitalen Kommunikation aufzubauen, dann empfiehlt es sich – wie übrigens bei allen Personenmarken – zunächst von den Stärken und Vorlieben derjenigen Person auszugehen. Wie lässt sich dies am besten umsetzen?
Ausgehend vom Optimum aus professioneller Sicht wird man dann gezielt eine Strategie erarbeiten, die diese Stärken und Vorlieben nutzt. Die Fachleute in der Kommunikationsabteilung unterstützen dann gezielt. Ist beispielsweise die CEO eine gute Netzwerkerin, die seit jeher häufig in der Öffentlichkeit auftritt, so lässt sich diese persönliche Präsenz gut digital abbilden.
Hat der Geschäftsführer viel zum Fachlichen beizutragen, dann muss er nicht unbedingt selbst Artikel schreiben. Innerhalb eines professionellen Themen- und Redaktionsplans kann er oder sie den Content auch auf die Art und Weise liefern, die den eigenen Arbeitsabläufen am besten entspricht. Das nämlich ist wirklich entscheidend dafür, dass die einmal eingeschlagene Strategie auf Dauer funktioniert.
Sonderfall: Kleinunternehmen und Solo-Unternehmer
Während in größeren Unternehmen der oder die CEO über ein ganzes Team von Kommunikationsfachleuten verfügt, die die (Personen-) Markenstrategie unterstützen und begleiten, ist in kleinen Unternehmen oft die Unternehmensleitung oft auch für die Kommunikationsstrategie verantwortlich. Er oder sie lässt sich oft nur punktuell unterstützen, dann häufig von externen Dienstleistern oder kleinen Agenturen. Der Erfolg steht und fällt mit den Fähigkeiten und Vorlieben des oder der Betreffenden, aber das gilt natürlich für das gesamte Marketing und die PR.
Hier heißt es noch viel mehr als beim Konzernchef: Die persönlichen Stärken, Vorlieben und Ressourcen der Führungspersönlichkeit müssen die Personenmarkenstrategie prägen. Nur so ist diese auf Dauer realisierbar, finanzierbar und zeitlich realisierbar. Auch die externe Unterstützung sollte daher langfristig geplant und budgetiert werden. Ist die Chefin eine begabte Schreiberin, bietet sich das Bloggen förmlich an. Ist sie es nicht, braucht sie vielleicht für die Contentstrategie auf eigener Plattform schreiberische Unterstützung – kann sich aber vielleicht dennoch auf Facebook sehr authentisch mit anderen vernetzen und austauschen.
Das Zeitproblem und andere Schwierigkeiten
Ganz gleich, ob Konzernvorständin oder Einzelunternehmer: Es ist nie genügend Zeit zum Posten auf LinkedIn oder zum Twittern da. Selbst die bestens geplante Personenmarken-Strategie droht früher oder später in den vielen anderen Anforderungen des Firmenalltags unterzugehen. Auswärtstermine, Dienstreisen und die üblichen, schnell zu meisternden Krisen führen dazu, dass der sorgfältig im Kalender eingetragene Termin zum Bloggen oder die tägliche Facebook-Routine unter den Tisch fallen.
Dafür gibt es keine einfachen Lösungen. Gute Planung mit viel Freiraum und die geschickte Ausnutzung von weniger beanspruchenden Zeiten können helfen. Im Konzern ist es die Aufgabe des Kommunikationsteams, hier zu unterstützen. Der Einzelunternehmer braucht wahrscheinliche einen Sparringspartner, der ihm hilft, bei der Stange zu bleiben.
Aber hier hilft vor allem ein gesunder Pragmatismus: Lieber einen Blogbeitrag pro Monat planen und dann ausnahmsweise zwei schaffen – als viel zu planen und dann frustriert zu sein. Eine gewisse Schwankung in der Aktivität ist zudem ebenso menschlich wie professionell verständlich. Je glaubhafter und sorgfältiger die Personenmarkenstrategie aufgebaut ist, desto besser verträgt sie auch Pausen und begründete Auszeiten.
Es kann ja auch umgekehrt Irritationen hervorrufen, wenn ein CEO immer online ist. Er oder sie mag dann den Eindruck erwecken, er wäre mit seinen regulären Aufgaben nicht ausgelastet. Hier sieht man wieder, wie genau und sensibel einen solche Strategie in ihrer Außenwirkung bedacht werden soll.
„Mein gestriger Tweet? Wie jetzt?“
Wenn wir davon ausgehen, dass eine Personenmarken-Strategie am erfolgreichsten dann ist, wenn sie auf den Stärken und Vorlieben der Person basiert: Es ist wohl zugleich klar geworden, dass es gewisse Anforderungen gibt, die man nicht mit persönlicher Abneigung einfach negieren kann. Für persönliche Präsenz im Web und für Markenbotschafter als Gesicht eines Unternehmens gibt es nur wenige Alternativen.
Man kann herausragenden Persönlichkeiten im Unternehmen viel abnehmen, aber sie müssen trotzdem eng daran mitarbeiten. Tut man so, als würde die Person hier persönlich twittern oder bloggen – aber in Wirklichkeit weiß sie nicht einmal, wie sie sich in den Account einloggt oder wem sie da auf Twitter folgt, kann es hier schnell zu peinlichen Szenen kommen. Etwa wenn die Chefin auf einem Kongress auf ihre Twitter-Nachrichten angesprochen wird, die in Wirklichkeit komplett von einem Mitarbeiter geschrieben werden. Oder wenn jemand mit ihr über ihren letzten Blogbeitrag diskutieren will, den der Ghostwriter aber nur mit der Leitung der PR-Abteilung abgestimmt hat.
Daher sollte die Persönlichkeit, die als Markenbotschafter*in agiert und um deren Personenmarke es geht, immer zumindest informiert bleiben und eingebunden sein. Dann klappt es auch mit dem unterstützenden Schreiben oder Twittern. Ich kenne sogar gute Beispiele von persönlichen Facebook-Accounts, die in Wirklichkeit von Mitarbeitern (mit-)gepflegt werden, ohne dass jemand anderem irgendetwas Unauthentisches auffällt. Aber das erfordert dann eine sehr detaillierte Abstimmung zwischen dem echten „Kopf“ und seinen Unterstützern.
Lust auf Social Media machen
Gegen das Digitale herrschen immer noch viele Vorbehalte, auch und gerade in Unternehmensleitungen. Nicht selten herrschen Ängste vor, beispielsweise einen Shitstorm auszulösen. Oder die Betreffenden haben einfach keine Lust, sich mit den sozialen Netzwerken auseinanderzusetzen. Ist jedoch die Einsicht in die Notwendigkeit mit den passenden Argumenten einmal gewonnen, fällt meistens die weitere Überzeugungsarbeit ebenfalls leichter.
Derjenige, der die Überzeugungsarbeit leisten muss, braucht vor allem zwei Dinge: Fachkenntnisse über Kommunikation im digitalen Wandel sowie Empathie. Das Erste braucht er, um die Dinge vernünftig zu erklären und funktionierende Konzepte zu erarbeiten. Das zweite ist erforderlich, um die Bedürfnisse der Beteiligten zu erkennen und diesen entsprechend zu argumentieren. Auch das Konzept selbst muss so angelegt sein, dass den Ausführenden auf Dauer klar bleibt, warum sie es weiter umsetzen.
Krisenszenarien
Der vermeintliche Idealfall einer wunderbar positiven Hochglanzkommunikation, in der alle nur Beifall klatschen, tritt so gut wie nie ein. Wer sich exponiert, polarisiert auch. Je sichtbarer jemand ist, desto weitreichender sind die Folgen von Kommunikationsfehlern oder unbedachten Äußerungen. Gibt es eine Unternehmens- oder Branchenkrise, ist naturgemäß ein sehr sichtbarer CEO auch die erste Anlaufstelle für Nachfragen und auch für Angriffe.
Daher gehört auch hier, wie zu jeglicher professioneller Kommunikation, ein Konzept für mögliche Probleme und Krisenfälle dazu. Auch wer dann im Fall der Fälle unterstützt, muss festgelegt sein.
Dass exponierte Personen üben sollten, mit persönlichen Angriffen umzugehen, aber dennoch für Kritik offenzubleiben: Das ist etwas, womit Führungskräfte sich ohnehin befassen müssen. Das gilt für den direkten Kontakt ebenso wie für das Digitale. Persönliche Belastbarkeit und Verletzlichkeit sind sehr unterschiedlich verteilt. Es hilft hier, sich vorher klarzumachen, was auf den Markenbotschafter zukommen kann und wie dies einzuordnen ist.
Wenn das Markengesicht das Unternehmen verlässt
Gerade auf höchster Konzernebene sind Wechsel oft sogar eher der Normalfall. Was nun, wenn der CEO mit der ganzen Unterstützung der Kommunikationsabteilung als Markenbotschafter aufgebaut wurde – und dann geht er oder sie und nimmt die ganzen Werte mit?
Nun ist es ja eigentlich keine neue Erscheinung des Digitalen, dass herausragende Personen einen eigenen Personenmarken-Wert besitzen, der ihrem jeweiligen Unternehmen zugute kommt. Auch dass hier PR-Leute und Imageberater firmenfinanziert mitwirken, geschieht seit jeher, und ist auch erforderlich.
Im besten Falle strahlt der/die oberste Markenbotschafter+in so auf das Unternehmen ab, dass hier Markenwerte geschaffen werden, die auch beim Weggang bleiben. Idealerweise bringt ein neuer Kopf wiederum einen Personenmarken-Wert mit.
Dies alles ist aber zugleich ein Argument dafür, Konzeption, Strategie und interne Strukturen so aufzubauen, dass sie für sich funktionieren. So können nach und nach weitere Markenbotschafter im Unternehmen aufgebaut werden, ohne dass man jedes Mal das Rad neu erfinden muss: Ganz individuelle Gegebenheiten, aber standardisiertes Qualitätsmanagement in der Kommunikation sind keineswegs ein Gegensatz.
Erste Schritte für den Chef als Markenbotschafter
Auf dem Weg zur erfolgreichen Präsenz des CEO oder der Vorständin als Gesicht der Marke gibt es eine Reihe von Aufgaben zu erfüllen. Wo die Strategie ansetzt, hängt sehr stark von der Ausgangslage ab. Immer aber muss eine strategische Analyse vorausgehen. Zu klären ist auch: Wie weit ist bereits eigene Präsenz vorhanden? Wie sieht es mit der öffentlichen Sichtbarkeit durch die Berichterstattung Dritter aus? Wie ist unser Ausgangspunkt als Firma? Immer muss das Ganze im größeren Zusammenhang der Gesamtkommunikation und der gesamten Unternehmensstrategie betrachtet werden.
Entscheidend sind, wie immer, nicht allein der Sender, sondern vor allem die Empfänger: Wer soll erreicht werden? Mit welchen Botschaften? Mit welchem Nutzen? Inwieweit kann dies mit dem CEO als Markenbotschafter gelingen?
Dann geht es in die Analyse der Stärken und Schwächen sowie des persönlichen Profils: Wie tritt der CEO öffentlich auf? Wie lässt sich dies am besten in Medien abbilden und verstärken?
Erst wenn alle strategischen Fragen geklärt sind, fallen die Entscheidungen über die Medien, Plattformen und Formen. Auch hier wiederum spielen persönliche Stärken und Vorlieben eine Rolle, wie oben bereits beschrieben.
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Liebe Kerstin,
danke für den hilfreichen Beitrag zum Aufbau einer (digitalen) Personenmarke und den menschlichen Hürden, die die CEOs dabei nehmen dürfen. Als (Schreib-) Coach empfehle ich unbedingt eine Begleitung der CEOs durch einen externen Berater.
Hinter den lang einstudierten Rollen/Masken von Führungskräften verbirgt sich oft eine große Verletzlichkeit – zum Teil mit fehlender Reflexionsfähigkeit.
1. Diese Verletzlichkeit sollte bei digitalen Angriffen in einem geschützten Raum aufgefangen werden.
2. Fortgeschrittene spielen mit dieser „Verletzlichkeit“ und machen dadurch die eigene Personenmarke noch menschlicher.
Schöne Grüße aus Düsseldorf,
Ulrike