„Ein Blog ist kein stupider Verkaufstrichter“

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Interview mit Rouven Kasten, Leiter Digitale Kommunikation einer Bank

Rouven Kasten, Foto: Tilman Schenk

Frage: „Verschenke, was du weißt, um zu verkaufen, was du kannst“: Inwiefern kann eine Bank von dieser Art des Content-Marketings profitieren?

Rouven Kasten: Die besondere Expertise der GLS Bank und ihrer Berater in unseren Kernbranchen Bildung, Soziales, Ernährung, Wohnen, Erneuerbare Energie und nachhaltige Wirtschaft ist für uns ein Wissen, auf dem wir aufbauen können. Viele Kunden und Kreditnehmer können davon bereits im Vorfeld einer Beratung profitieren. Am Ende geht es dann vielleicht gar nicht mehr nur noch um den Kredit, sondern auch um Netzwerke und gegenseitige Hilfe aus der GLS-Gemeinschaft.

Frage: Funktioniert das Content-Marketing mittels Blog und Social Media? Bringt es neue Kunden?

Rouven Kasten: Ja, auf jeden Fall! Erst kürzlich habe ich mit jemandem gesprochen, der wortwörtlich sagte: „Ich kenne eure Bank durch das Blog, nicht durch die Webseite!“ Das ist ein großes Kompliment für die Arbeit, die darin steckt. Wir haben über die Jahre viele tolle Kontakte knüpfen können, die sicher über andere Medien nicht zustande gekommen wären. Daher besuchen wir auch, neben herkömmlichen Kongressen, Barcamps. Hier können wir ganz anders mit Menschen aus der digitalen Welt in direkten Kontakt kommen. Aus vielen dieser Kontakte und aus deren Netzwerk sind Kunden entstanden.


Über diese Interviewreihe

„Verschenke, was du weißt – um zu verkaufen, was du kannst!“ Das ist die Kernaussage meines Buchs und meiner Methode PRINZIP KOSTENLOS. Für die Praxisbeispiele in der Neuauflage habe ich insgesamt zwölf bekannte Wissensteiler selbst zu Wort kommen lassen. Die Befragten beschreiben, was sie antreibt, was bei ihnen gut funktioniert und auf welche Weise sie so erfolgreich geworden sind. Sie berichten von ihrer Positionierung, von persönlichen Erfahrungen, vom Umgang mit Wettbewerbern und Netzwerkpartnern. Diese Interviews erscheinen nach und nach hier im PR-Doktor.

„Prinzip kostenlos. Wissen verschenken – Aufmerksamkeit steigern – Kunden gewinnen“, Neuauflage August 2017, 266 Seiten, Hardcover, ISBN: 978-3-527-50908-9, Wiley-VCH, Weinheim


Frage: Seit wann gibt es das Blog der GLS Bank, und welches sind die Kommunikationsziele?

Rouven Kasten: Am Anfang stand ein Bankmitarbeiter, zugleich enthusiastischer Blogger, der mit Herzblut schrieb: Hannes Korten. Für ihn war es vor zehn Jahren nur eine logische Konsequenz, das Potenzial eines Blogs auch für die Unternehmenskommunikation auszuschöpfen. Seit dem Start im November 2008 sind fast 900 Artikel aus den unterschiedlichsten Bereichen der Bank, aber auch von Kunden und Mitarbeitern selbst erschienen.

Ziel war es immer, das Wirken und die besondere Expertise der Bank darzustellen. Die GLS Bank unterscheidet sich im Namen selbst kaum von anderen konventionellen Banken. Unser Blog soll dies aufbrechen und ein Medium für Inhalte sein, die auf einer klassischen Webseite vielleicht nichts zu suchen haben.

Frage: Wie ist das Blog an soziale Netzwerke angebunden? Welche Rolle spielen multimediale Formen, etwa Videos?

Rouven Kasten: Sämtliche Artikel werden in der Regel in den Netzwerken Facebook, Twitter, Google+, XING, LinkedIn und ello geteilt. Wir stellen gerade fest, dass in den Business-Netzwerken sehr viel passiert. Dort wachsen die Leserzahlen schneller als etwa auf Facebook. Hier scheinen wir einen echten Nerv getroffen zu haben. Vor zwei Jahren haben wir das Tool Pageflow eingeführt. Mit Pageflow lässt sich über soziale Netzwerke hinweg thematisch eine Geschichte erzählen. Das Ganze kann man mit Bild, Video und Audio sehr gut unterstützen, die Handhabung ist einfach. Elemente daraus verwenden wir wiederum im Blog, um die Artikel auch den Lesern dort zukommen zu lassen. Der spannende Content aus dem gedruckten Magazin wurde bisher kaum weiterverwendet, das soll sich künftig ändern.


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Frage: Wie viele Mitarbeiter sind daran beteiligt?

Rouven Kasten: Erst vor einem Jahr haben wir die Abteilung Presse und Marketing zusammengeschlossen und richten uns nun nach dem Newsdesk-Prinzip aus. Ein Content-Team liefert uns die Inhalte, die wir dann im Blog und in den sozialen Netzwerken aufarbeiten. Am Blog selbst arbeiten derzeit drei Personen, plus Werkstudentin und Gastautoren. Eine feste Kooperation mit Bloggern gibt es seit vielen Jahren. Schreiben kann aber auch jeder aus dem Unternehmen, von der Putzkraft bis zum Vorstand.

Frage: Wie schwierig oder wie einfach ist es für Sie, im Unternehmen Verständnis und Unterstützung für das Content-Marketing zu bekommen?

Rouven Kasten: Das wird bei uns schon sehr lange gelebt. Wir haben durch den Vorstand, der sich selbst für die Chancen der Digitalisierung stark macht, einen enormen Rückhalt. Die Akzeptanz unserer Arbeit und das Wissen um die Verlagerung von Finanzdiensten in die digitale Welt tragen dazu bei. Die Arbeit an Webseite, Blog oder Social Media ist längst etabliert und die Kommunikation richtet sich stark danach aus, auch der Kundendialog verlagert sich stetig vom Telefon dorthin. Dabei gilt es natürlich Dinge wie Datenschutz und Bankgeheimnis zu wahren, daher können wir auch nicht alle Dienste nutzen.

Frage: Sollte jede Bank ein Blog haben?

Rouven Kasten: Vielleicht sollte jedes Unternehmen und nicht nur jede Bank ein Blog haben. Allerdings sollte man es wirklich ernst meinen und das Blog nicht nur als Maßnahme zur Suchmaschinenoptimierung oder als Lead-Generierungsmaschine sehen. Ich glaube, viele Unternehmen begeben sich gerade jetzt dort auf einen falschen Pfad. Das Bloggen muss wirklich gewollt sein. Wenn man das Blog als stupiden Verkaufstrichter betrachtet, merkt der Leser dies schnell und man wird, glaube ich, nicht wirklich akzeptiert. Das GLS Blog ist von Menschen, für Menschen und nicht für Personas oder Zielgruppen gedacht.


Rouven Kasten arbeitet seit über 20 Jahren im und mit dem Internet. Nach einigen Agenturstationen und einer intensiven Zeit der Selbständigkeit beriet er unter anderem den WDR, ERGO und die Gothaer. Seit 2015 ist er bei der öko-sozialen GLS Bank für den Bereich Digitale Kommunikation zuständig. Darüber hinaus ist er Dozent und Speaker für Social Media-Themen und organisiert BarCamps für den Kultursektor. www.gls.de


Dr. Kerstin Hoffmann
6 Kommentare
  1. Micha sagte:

    Ich stolpere immer wieder über „das Blog“ oder „der Blog“. Gefühlsmäßig neige ich eher zu letzterer Benennung. Wie geht es Ihnen damit?

  2. Micha sagte:

    In irgendeinem Beitrag habe ich mal die Formulierung „Denkanstöße ohne Verkaufsimpulse“ von Jörg Hove von der Daimler AG gelesen. Und die hat mir so richtig gut gefallen zum Thema Unternehmensblog!

    Ich persönlich stolpere immer wieder über „das Blog“ oder „der Blog“. Gefühlsmäßig tendiere ich eher zu „der Blog“, weil „das Blog“ in meinen Ohren falsch klingt. Aber was ist richtig? Sollte „das Blog“ korrekt sein, dann brauche ich jetzt einfach mal ein gescheites Argument dafür, damit ich zukünftig beruhigt die richtige Formulierung nutze. Ohne mich dabei unwohl zu fühlen. ;-)

  3. Christel sagte:

    Ich bevorzuge „der“. ;-) Aber das nur am Rande. Ein wichtiges Interview, finde ich persönlich. Unternehmen und Banken, selbst Blogger und Influencer“, die nur auf Blogs setzen, um neue Umsätze zu generieren, merken das früher oder später. Weil der Mensch hinter dem Bildschirm, sei es Computer oder Smartphone, persönlich erreicht werden, und nicht nur eine „Milchkuh“ sein möchte, die nur als Lead oder Sale gesehen wird, nicht aber als Mensch und mündiger! Leser und Kunde. Nicht nur die Banken- und Unternehmenslandschaft wird das in den kommenden Jahren weiter verändert, sondern (hoffentlich) auch die Bloggerlandschaft.

  4. Barbara Kettl-Römer sagte:

    „Das Blog als stupider Verkaufstrichter“ funktioniert nicht: sehr wahr! Das sollten sich viele Unternehmensblogger hinter die Ohren schreiben, die sich nur als verlängerter Arm der PR-Abteilung sehen und lauter Jubelnews hinausposten …

    Zur Diskussion um das oder den Blog: Das Wort ist aus dem englischen Begriff Weblog (= Web-Tagebuch) entstanden. Daher wurde es im Deutschen als „das Blog“ (weil: „das Tagebuch“) eingeführt. Inzwischen haben viele User das Blog aber vermännlicht und daraus den Blog gemacht. Laut Duden ist beides korrekt. Dasselbe gilt übrigens für den/das Laptop. Bei mir ist es das Blog und der Laptop (weil: der tragbare Rechner), aber das ist tatsächlich Geschmackssache :-)

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